Exit Marrakech, next Marokko

Exit Marrakech“ ist ein Familendrama, wie es auf der DVD beschrieben wird. Familiendrama trifft Coming-of-Age trifft Roadmovie trifft Dokumentarfilm, trifft wohl eher zu.

Familiendrama. „Erleb mal was“, wird dem 17-jährigen Ben (Samuel Schneider), der die Sommerferien widerwillig mit seinem Vater Heinrich (Ulrich Tukur) verbringen soll, von seinem Schulleiter mit auf den Weg gegeben. Jener Vater ist ein viel beschäftigter Theaterregisseur, der derzeit im Rahmen eines Festivals Schillers Drama Emilia Gallotti in Marrakech inszeniert. Heinrich scheint jedoch kaum an Ben interessiert und auch Ben kann sich nicht mit seinem Vater identifizieren.

Coming-of-Age. Ben erkundet Marrakech schließlich auf eigene Faust und löst sich von den traditionellen Touri-Routen. In einem Nachtclub lernt er die Prostituierte Karima (Hafsia Herzi) kennen.

Roadmovie. Ben verliebt sich in die Marrokanerin und fährt mit ihr in die Berge, um ihre Familie zu besuchen – ohne den sich dann doch sorgenden Vater zu informieren.

Dokumentarfilm. Das Familiendrama-Coming-of-Age-Roadmovie kreiert ein vielschichtiges Bild des afrikanischen Landes, das Ben auf seiner Reise kennenlernt. So wird schon beinahe dokumentarisch ein Bild von Marokko, seiner Kultur und Bevölkerung aufgezeigt. Für die einen vergehen die knapp zwei Stunden dadurch nur sehr langsam, die anderen freuen sich über Wüste, Bergdorf und Verkehrschaos.

Exit Marrakech / Credit: Arthaus

Exit Marrakech / Credit: Arthaus

„Exit Marrakech“-Making Of lässt hinter die Kulissen blicken

„Es läuft nicht so grade wie wir das gewöhnt sind. Es läuft etwas turbulenter“, beschrieb Regisseurin Caroline Link im Making-Of die Dreharbeiten fernab Deutschlands. Sie verdeutlicht einmal mehr, wie gastfreundlich und interessiert die einheimischen Menschen beim Dreh waren. Das Making-Of des Films ist mit Interviewsequenzen der Regisseurin sowie der Hauptdarsteller unterfüttert. Während Tukur sich in gewohnter Interview-Umgebung auf einem kunstvoll drapierten Sessel zeigt, scheint es bei Schneider so, als habe er seine Sequenzen selbst gefilmt; mit eigener Kamera bei schlechter Belichtung. Darunter leidet dann auch die Bildqualität. Ebenso bedauerlich ist die Begrenzung auf lediglich Link, Tukur und Schneider; weit eindrucksvoller wäre das Making-Of einer derart internationalen Produktion durch Gespräche mit Menschen hinter der Kamera. Oder mit Einheimischen, die die Dreharbeiten aus einem wiederum anderen Blickwinkel wahrgenommen haben. Warum wurden beispielsweise ein Großteil der Stände auf einem Basar geschlossen, als sich das Drehteam angekündigt hatte. Caroline Link führt diesen Aspekt fast nebensächlich ein, den Zuschauer würden weitergehende Infos interessieren. Derartige Trivialitäten häufen sich in 20 Minuten Making Of, einen Einblick in eine internationale Filmproduktion ist insofern nur oberflächlich möglich.

"Exit Marrakech"-Premiere 2014 auf dem Filmfest München: (v.l.) Ulrich Tukur, Hafsia Herzi, Caroline Link, Marie-Lou Sellem und Samuel Schneider / Credit: dpa

„Exit Marrakech“-Premiere 2014 auf dem Filmfest München: (v.l.) Ulrich Tukur, Hafsia Herzi, Caroline Link, Marie-Lou Sellem und Samuel Schneider / Credit: dpa

Für jeden etwas dabei: DVD-Extras en masse

Neben dem Making Of bietet die DVD ebenfalls die Möglichkeit, sich weiter mit der Thematik und Produktion des Films auseinanderzusetzen. Die Reise des Films von der Inspiration bis zur späteren Umsetzung wird in einzelnen Interviews mit den Hauptdarstellern (Tukur, Schneider, Herzi) und Link aufgezeigt. Ebenso werden vereinzelte Thematiken des Films näher besprochen. Dazu zählt die „Vater-Sohn-Konstellation“, die sich im im Laufe des Films und somit zeitgleich der Reise entwickelt. Der Roadtrip kann als innere Reise der Vater-Sohn-Beziehung gesehen werden; die beiden lernen sich im Laufe dieses Trips erst so richtig kennen und schätzen.

Zuschauer, die an weiteren Vater-Sohn-Szenen interessiert sind, werden sich über geschnittene Szenen, also Szenen, die es nicht in den Film geschafft haben, freuen; abstrus scheint derweil das Angebots des eigenen Trailers auf der DVD. Klar, gehört er zur umfassenden „Exit Marrakech“-Experience, DVD-Besitzer haben aber entweder bereits den ganzen Film im Vorwege gesehen oder den Trailer auf anderem Wege gesehen und sich infolgedessen die DVD gekauft.

Für Zuschauer, die den Film bereits kennen, eröffnet der Audiokommentar zum Film von Link, Schneider und Produzent Peter Herrmann die Gelegenheit, mehr über den Film zu erfahren. Alle, die den Film zum ersten Mal sehen, mögen diesen als störend wahrnehmen; erlaubt er dem Zuschauer eben nicht, sich komplett auf die Geschichte des Films einzulassen. Er zieht ihn immer wieder aus der Handlung heraus und bringt ihn zurück ins eigene Wohnzimmer.

"Exit Marrakech"-Dreharbeiten / Credit: Studiocanal

„Exit Marrakech“-Dreharbeiten / Credit: Studiocanal

Auf, auf nach Marokko

Menschen, Landschaften und Farben Marokkos hat die Oscar-prämierte Regisseurin Caroline Link 2013 auf die große Leinwand gebracht. Die entsprechende DVD erweitert diesen Eindruck um ein Vielfaches. Und macht Lust, die eigene Reise nach Marokko anzutreten.

 

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